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Bis dass der Tod.., Palästina

29 October 2023

Bis dass der Tod.., Palästina
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Kind in Gaza; Bildnachweis: The Independent

Wir befinden uns in einem Kreislauf aus Ohnmacht und Berechnung, aus dem es kein Entkommen gibt; die Katastrophe wird sich daher entfalten, und wir werden die Konsequenzen tragen, schreibt Etienne Balibar, der im Jahr 2004 angemerkt hatte, "unterstützen wir die Sache des palästinensischen Volkes und betrachten es als Test für jede Politik, die Würde und Verantwortlichkeit beansprucht? Ich spreche in meinem eigenen Namen, aber beziehe meine Perspektive auf eine breite Übereinstimmung von Meinungen und Kräften, die ihre Anstrengungen für einen gerechten Frieden im Mittleren Osten vereinen. Ich nehme an, dies ist ein universales Anliegen". Der französische Titel dieses Artikels ist "Palestine à la mort", der an die Redewendung "à la vie à la mort" erinnert, die der deutschen "bis dass der Tod uns scheidet" ähnelt.

Der Todesinstinkt verwüstet das Land Palästina und massakriert seine Bewohner. Die Hamas-Kommandos, mit zwei Millionen Geflüchteten in einem sogenannten "Freiluftgefängnis" gefangen, waren in den Untergrund gegangen und hatten sich lange vorbereitet; sie erhielten Unterstützung von Regionalmächten und profitierten von einer gewissen Selbstgefälligkeit Israels, das sie als "Lieblingsfeind" ansah. 


Es gelang ihnen mit ihrem Angriff Tsahal völlig zu überraschen, die damit beschäftigt waren, den jüdischen Siedlern in der Westbank zu helfen, und damit den Enthusiasmus der palästinensischen Jugend und in der Meinung der arabischen Welt hervorzurufen. 


Dennoch war dieser Angriff von besonders verabscheuungswürdigen Verbrechen gegen die israelische Bevölkerung geprägt: den Mord an Erwachsenen und Kindern, Folter, Vergewaltigung und Entführung. Solche Verbrechen können niemals durch die Rechtmäßigkeit der Sache, die sie zu vertreten behaupten, entschuldbar werden. 


Trotz seiner Vagheit ist hier die Bezeichnung mit dem Begriff Terrorismus gerechtfertigt, nicht allein in Bezug auf die Taten selbst, sondern auch mit Blick auf die Organisation des bewaffneten Widerstands, die sie plant. Aber mehr noch, es fällt schwer zu glauben, dass es nicht das Ziel gewesen sein soll, eine Reaktion von solcher Gewaltsamkeit zu provozieren, dass der Krieg in eine neue, im Wortsinn 'exterministische' Phase eintreten und so für immer die Möglichkeit des Zusammenlebens zweier Völker zunichte machen soll. Dies ist genau, was nun geschieht. 


Es geschieht aber, weil der Staat Israel, 2018 ganz offiziell umdefiniert als "Nationalstaat des jüdischen Volkes", nie ein anderes politisches Projekt verfolgt hat als die Auslöschung oder Unterdrückung des palästinensichen Volkes mit unterschiedlichen Mitteln: Deportation, Enteignung, Verfolgung, gezielte Emordung, Verhaftung. Staatsterrorismus. 


Es reicht aus, sich die Landkarte der sukzessiven Besiedlung seit 1967 anzusehen, um Klarheit über den Prozess zu gewinnen. Nach [Yitzhak] Rabins Ermordung kamen die Regierungen, die das Oslo-Abkommen unterzeichnet hatten, nicht zum Schluss, dass die "Zwei-Staaten-Lösung" umgesetzt werden sollte, sondern zogen es stattdessen vor, die palästinensische Autorität zu zähmen und die Westbank mit Checkpoints abzuriegeln. Und nun, da eine rassistische, extrem rechte Regierung an der Macht ist, handelt es sich einfach und allein um ethnische Säuberung. 


Mit der "Rache" gegen Hamas und die Bewohner von Gaza, die jetzt mit Massakern beginnt,  mit einer Lebensmittel- und Gesundheitsblockade sowie der Vertreibung, die nur als genozidal bezeichnet werden kann, wird etwas nicht wieder gut zu Machendes begangen. Diejenigen israelischen Bürger, die die Instrumentalisierung der Shoah zurückgewiesen und die Apartheid bekämpft haben, sind kaum noch zu hören. Kolonialistische und nationalistische Wut erstickt alles. 


Es kann in Wahrheit nur einen möglichen Ausgang geben, nämlich die Intervention der sogenannten internationalen Gemeinschaft und der Autoritäten, mit denen sie theoretisch ausgestattet ist, die Forderung nach einem sofortigen Waffenstillstand, der Freilassung der Geiseln, nach der Verfolgung von Kriegsverbrechen auf beiden Seiten und der Umsetzung der zahllosen UN-Resolutionen, die unbeachtet geblieben sind.


Aber das wird niemals passieren, denn diese Institutionen sind von den großen und mittleren Imperialmächten neutralisiert worden, und der jüdisch-arabische Konflikt ist wieder einmal zum Gegenstand ihrer Manövern geworden, mit denen sie Entscheidungen über Einflusssphären und Allianznetzwerke herbeiführen wollen, im Kontext von heißen und kalten Kriegen. "Geopolitische" Strategien und ihre regionalen Projektionen zerstören jede Form effektiver Völkerrechtlichkeit.


Wir befinden uns in einem Kreislauf aus Machtlosigkeit und Berechnung, aus dem es kein Entkommen gibt. Die Katastrophe wird sich daher entfalten, und wir werden die Konsequenzen tragen.

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